Nürnberg gehörte einstmals zu den bedeutenden Zentren deutscher Musik. Die Bürger der Freien Reichsstadt wachten nicht nur über die Reichskleinodien. Sie waren offenbar auch sehr musikbegeistert: In Nürnberg florierten sowohl der Notendruck als auch der Instrumentenbau – was darauf hindeutet, dass nicht nur die Rats- und Kirchenmusiker Noten und Instrumente einkauften.
Die wichtigsten Protagonisten des städtischen Musiklebens waren Organisten. Etliche von ihnen stammten aus Nürnberg, sie wurden in der Stadt ausgebildet und wirkten dort oftmals auch bis zu ihrem Tod. Die „Nürnberger Schule“ setzt ein mit der Ankunft Johann Stadens d.Ä. (1581 bis 1634), der nach Stationen in Bayreuth und Dresden in der Stadt heimisch wurde und eine Vielzahl von Schülern unterrichtete. Der Stammbaum seiner Schüler und Enkelschüler lässt sich über fünf Generationen verfolgen, und wuchs auch geographisch betrachtet weit über die Stadtgrenzen hinaus. So war beispielsweise Johann Erasmus Kindermann (1616 bis 1655) ein Schüler Stadens.
Ralf Waldner stellt auf dieser CD Musik dieser Organistenschule vor. Zu hören sind aber auch Werke von Hans Leo Haßler (1564 bis 1612), der Sohn eines Nürnberger Organisten war und bei Andrea Gabrieli in Venedig studiert hatte. Dabei erinnert Waldner zum einen daran, dass die Orgel seinerzeit durchaus auch zu weltlichen Zwecken gespielt wurde. Zum anderen nutzt er das „Clavier“, damaligem Gebrauch folgend, wie es gefällt, und so erklingen neben Cembalo und Orgel auch Regal und Clavichord. Für diese CD hat er einige Raritäten „ausgegraben“, wie einer der ersten deutschen Claviersuiten – sie stammt von Benedict Schultheiß (1653 bis 1693) – oder die Choralpartita Freu dich sehr, o meine Seele von Johann Pachelbel (1653 bis 1706). So sind ihm zahlreiche Ersteinspielungen gelungen. All das macht diese CD sehr abwechslungsreich, und man folgt Waldner gern durch drei Jahrhunderte Nürnberger Musikgeschichte.
Samstag, 29. November 2014
Dienstag, 25. November 2014
Hubertusmesse auf Schloss Augustusburg (Auris Subtilis)
Wer bei dem Wort Hubertusmesse an Jagdhörner denkt, der ist auf der richtigen Spur: Hubertus von Lüttich, so berichtet die Legende, ritt einst an einem kirchlichen Feiertag statt zur Messe zur Jagd aus. Da erschien ihm ein mächtiger Hirsch mit einem Kru- zifix zwischen den Geweihstangen. Durch diese Vision bekehrt, wurde der Bischof von Lüttich schließlich zum Schutzpatron der Jagd.
Zur Hubertusmesse werden stilecht Parforcehörner geblasen – was nicht nur die Orgelmusik, sondern auch den Klang der Glocken eindrucksvoll zu ersetzen vermag; allerdings sind die Musiker, die sich auf dieses Instru- ment virtuos verstehen, heute extrem rar, so dass eine Hubertusmesse auf Originalinstrumenten gern etwas schräg klingt. Dieses Problem vermeiden die Musiker, die auf dieser CD zu hören sind: Die Studierenden der Horn- klasse um Professor Thomas Hauschild von der Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig musizieren auf modernen Instrumenten, und sie spielen souverän und atemberaubend schön. Da stimmt jeder Ton; jede Phrase wird sensibel gestaltet und sorgsam aus- musiziert.
Die jungen Hornisten beginnen ihr Programm mit einem Echo-Kanon von Orlando di Lasso für Horn-Doppelquartett. Es folgt die Große St. Huber- tusmesse aus der Feder des berühmten Wiener Hornisten Karl Stiegler. Doch dabei belassen es die Musiker nicht. Hörner haben große Bedeutung beispielsweise in Wagners Ring der Nibelungen; Manfred Klier hat daraus 1985 eine Rheingoldfantasie für acht Hörner arrangiert. Und auch die Horn-Version zu Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss, in einer Version des amerikanischen Hornisten Richard Goldfaden, erklingt auf dieser CD. Der Arrangeur schrieb dazu: „Without a doubt, all hornists are intimately familiar with Strauss's piece. But the chances of being able to play it with an orchestra are slim. So, find nine other hor- nists and make wonderful music together, whenever you want to.“ Ein Gewinn ist das auch für den Zuhörer. Bravi!
Zur Hubertusmesse werden stilecht Parforcehörner geblasen – was nicht nur die Orgelmusik, sondern auch den Klang der Glocken eindrucksvoll zu ersetzen vermag; allerdings sind die Musiker, die sich auf dieses Instru- ment virtuos verstehen, heute extrem rar, so dass eine Hubertusmesse auf Originalinstrumenten gern etwas schräg klingt. Dieses Problem vermeiden die Musiker, die auf dieser CD zu hören sind: Die Studierenden der Horn- klasse um Professor Thomas Hauschild von der Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig musizieren auf modernen Instrumenten, und sie spielen souverän und atemberaubend schön. Da stimmt jeder Ton; jede Phrase wird sensibel gestaltet und sorgsam aus- musiziert.
Die jungen Hornisten beginnen ihr Programm mit einem Echo-Kanon von Orlando di Lasso für Horn-Doppelquartett. Es folgt die Große St. Huber- tusmesse aus der Feder des berühmten Wiener Hornisten Karl Stiegler. Doch dabei belassen es die Musiker nicht. Hörner haben große Bedeutung beispielsweise in Wagners Ring der Nibelungen; Manfred Klier hat daraus 1985 eine Rheingoldfantasie für acht Hörner arrangiert. Und auch die Horn-Version zu Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss, in einer Version des amerikanischen Hornisten Richard Goldfaden, erklingt auf dieser CD. Der Arrangeur schrieb dazu: „Without a doubt, all hornists are intimately familiar with Strauss's piece. But the chances of being able to play it with an orchestra are slim. So, find nine other hor- nists and make wonderful music together, whenever you want to.“ Ein Gewinn ist das auch für den Zuhörer. Bravi!
Montag, 24. November 2014
C. P. E. Bach: 6 Hamburg Symphonies (Es-Dur)
„Schwerlich ist je eine musikalische Composition von höherm, keckerm, humoristischerm Charakter einer genialen Seele entströmt.“ Das schrieb Johann Friedrich Reichardt seinerzeit über die sechs Streicher- sinfonien von Carl Philipp Emanuel Bach (1714 bis 1788). Entstanden waren diese Werke auf ausdrückli- chen Wunsch und exklusiv für Baron Gottfried van Swieten; Reichardt hatte bei der Uraufführung die erste Geige gespielt.
Bach selbst war nach langen Jahren im Dienste Friedrichs des Großen der höfischen Etikette entronnen. Die neue Position als Nachfolger seines Taufpaten Georg Friedrich Telemann in der Position des städtischen Musikdirektors und Kantors am Johanneum in Hamburg, die er 1768 antrat, dürfte ihm vergleichsweise große Freiräume beschert haben.
Und so hat er für van Swieten einen Parforcegalopp durch die Affekte komponiert – wobei er diese am liebsten durch Kontraste hervortreten lässt. „Moderne und Paläolithikum stehen sich direkt gegenüber“, meint Riccardo Minasi. Der Geiger hat die Hamburger Sinfonien gemeinsam mit dem Ensemble Resonanz bei dem Label Es-Dur eingespielt. Die Musiker feiern damit die Idee der Freiheit – allerdings höchst diszipliniert: „Man sollte die Partitur so genau wie möglich respektieren und die Paradoxien und Kontraste so gut wie möglich unterstreichen, die der Komponist darin formuliert hat“, erläutert Minasi. Das Ensemble Resonanz folgt ihm darin mit großem Engagement, und das Ergebnis ist wirklich sehr beein- druckend.
Bach selbst war nach langen Jahren im Dienste Friedrichs des Großen der höfischen Etikette entronnen. Die neue Position als Nachfolger seines Taufpaten Georg Friedrich Telemann in der Position des städtischen Musikdirektors und Kantors am Johanneum in Hamburg, die er 1768 antrat, dürfte ihm vergleichsweise große Freiräume beschert haben.
Und so hat er für van Swieten einen Parforcegalopp durch die Affekte komponiert – wobei er diese am liebsten durch Kontraste hervortreten lässt. „Moderne und Paläolithikum stehen sich direkt gegenüber“, meint Riccardo Minasi. Der Geiger hat die Hamburger Sinfonien gemeinsam mit dem Ensemble Resonanz bei dem Label Es-Dur eingespielt. Die Musiker feiern damit die Idee der Freiheit – allerdings höchst diszipliniert: „Man sollte die Partitur so genau wie möglich respektieren und die Paradoxien und Kontraste so gut wie möglich unterstreichen, die der Komponist darin formuliert hat“, erläutert Minasi. Das Ensemble Resonanz folgt ihm darin mit großem Engagement, und das Ergebnis ist wirklich sehr beein- druckend.
Bizet: Carmen (Glyndebourne)
2002 entstand in Glyndebourne diese Carmen-Live-Aufnahme. Die Oper von Georges Bizet wird in französi- scher Sprache gesungen. Das Ensemble ist, wie auf dem berühmten Festival üblich, international. So singt Star-Sopranistin Anne Sofie von Otter die Titelpartie. Sie gilt gemein- hin als sehr kontrolliert und etwas unterkühlt, hier war sie allerdings einmal erstaunlich leidenschaftlich zu erleben. Auch die anderen Partien sind durchweg hörenswert besetzt. Das eigentliche Ereignis aber ist das London Philharmonic Orchestra. Es musizierte an diesem Abend unter Philippe Jordan, einem jungen Dirigen- ten aus der Schweiz, damals gerade neu verpflichtet als Chefdirigent in Graz. Was er dem LPO entlockt, das ist schlicht phänomenal. Wer seinen Lebensweg weiter verfolgt, der wird feststellen, dass Jordan mittlerweile als Chefdirigent der Wiener Symphoniker tätig ist. Auf die nächsten Stationen darf man gespannt bleiben - bravo!
Sonntag, 23. November 2014
Vom Himmel hoch, da komm ich her (Berlin Classics)
„Meine ersten musikalischen Erinnerungen verbinden sich mit Chorgesang“, berichtet Ludwig Güttler im Beiheft dieser CD. „Ich war vier oder fünf Jahre alt und besuchte die Christmette am 25. Dezember. Musizieren zu Weihnachten, freud- volles Beisammensein, Wohlgefallen – all das hatte sich mir schon damals mitgeteilt. (…) Friedrich Nietzsches Ausspruch ,Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum' trifft in verdichte- ter Weise auf das Erleben von Weih- nachten zu.“ Und weil das so ist, spielen der berühmte Trompeter und sein Blechbläserensemble in der Weihnachtszeit viele Konzerte, um in ganz Deutschland festlichen Glanz in die Kirchen und Gemüter zu bringen. Um die besondere Atmosphäre dieser Konzerte einzufangen, wurden einige dieser Abende mitgeschnitten, und zwar in der Pirnaer Marienkirche, der Frauenkirche in Dresden, der Thomaskirche Erfurt und St. Sylvestri in Wernigerode. Eine Auswahl aus diesem Material ist bei Berlin Classics erschienen. Es sind nicht durchweg nur bekannte Melodien; die CD enthält einige klangschöne Überraschungen, so wie man das von diesem Ensem- ble erwartet. Die Musiker um Güttler hört man doch immer wieder gern – nicht nur aufgrund ihrer musikalischen Brillanz.
Freitag, 21. November 2014
Haydn: Der Kampf der Buße und Bekehrung (Carus)
Der Salzburger Erzbischof Sigismund von Schrattenbach kehrte Anfang 1768 von einer Italienreise zurück – und in seinem Gefolge reisten drei Sängerinnen, die dort, im damaligen Zentrum der musikalischen Welt, ausgebildet worden waren. Nun kamen sie an den Salzburger Hof – und da galt es, flugs ein Werk zu schreiben, das es ihnen ermöglichte, ihre Fertigkeiten zu demonstrieren. In diese Aufgabe teilten sich Hofkompo- nist Anton Cajetan Adlgasser, Dom- chorvikar Johann David Wester- mayer und Johann Michael Haydn, weiland in Salzburg Zweiter Konzertmeister.
So entstand, nach einem Text des Juristen Johann Heinrich Drümel, das Oratorium Der Kampf der Buße und Bekehrung. Der mittlere Teil, aus der Feder Haydns, ist nun bei Carus auf CD zugänglich. Doch ob man sich dieses Werk wirklich antun muss, diese Frage stellt sich. Der Text ist ein erzkatholisches Mahnstück über den Weg des rechten Glaubens. Und die Musik ist nicht wirklich geeignet, eine andere Emotion auszulösen als Langeweile. Da gibt es zwar eine hübsche Arie der Gnade, hörenswert gesungen von Sylvia Hamvasi. Doch die Besetzung mit fünf Soprani- stinnen, Chor und Orchester bietet ebenfalls wenig Abwechslung. Manche Werke sind zu recht dem Vergessen anheim gefallen – und die Einspielung dieses Oratoriums wird wohl seine Auferstehung aus dem Archivstaub nicht befördern.
So entstand, nach einem Text des Juristen Johann Heinrich Drümel, das Oratorium Der Kampf der Buße und Bekehrung. Der mittlere Teil, aus der Feder Haydns, ist nun bei Carus auf CD zugänglich. Doch ob man sich dieses Werk wirklich antun muss, diese Frage stellt sich. Der Text ist ein erzkatholisches Mahnstück über den Weg des rechten Glaubens. Und die Musik ist nicht wirklich geeignet, eine andere Emotion auszulösen als Langeweile. Da gibt es zwar eine hübsche Arie der Gnade, hörenswert gesungen von Sylvia Hamvasi. Doch die Besetzung mit fünf Soprani- stinnen, Chor und Orchester bietet ebenfalls wenig Abwechslung. Manche Werke sind zu recht dem Vergessen anheim gefallen – und die Einspielung dieses Oratoriums wird wohl seine Auferstehung aus dem Archivstaub nicht befördern.
Donnerstag, 20. November 2014
Orgellandschaft Sächsische Schweiz - Matthias Grünert (Auris Subtilis)
Den zweiten Orgelmarathon hat im vergangenen Sommer Matthias Grünert absolviert. Führte diese Wegstrecke, die allerdings eher an eine Pilgerreise als an einen Wett- kampf denken lässt, im Sommer 2013 in die Oberlausitz, so galt der Orgel- marathon 2014 den Instrumenten in der Sächsischen Schweiz. Sportlichen Ehrgeiz freilich muss man schon haben, wenn man sich an ein solches Projekt wagt – denn jede Orgel klingt anders, für jedes Instrument ist passende Musik auszusuchen. Und die vorliegende CD dokumentiert nur einen schmalen Ausschnitt aus dem Marathonprogramm – Kantor Grünert hat an sechs Tagen Konzerte auf insgesamt 42 Orgeln zwischen Pirna, Frauenstein, Sebnitz und Osek gespielt. Zehn dieser Orgeln sind nun auf der CD zu hören.
Die Orgellandschaft, die hier vorgestellt wird, ist erstaunlich bunt. Es sind kleine und große Orgeln aus vier Jahrhunderten, in den unterschiedlich- sten Dispositionen und mit sehr individuellen Klangfarben. Natürlich spielt Grünert auf der Orgel, die Gottfried Silbermann 1731 in Reinhardts- grimma errichtet hat, Musik von Johann Sebastian Bach. Doch gleich darauf folgt ein Marche Religieuse von Gustav Adolf Merkel (1827 bis 1885), vorgetragen auf der Jehmlich-Orgel aus dem Jahre 1869, die sich in der neugotischen katholischen Kirche St. Kunigunde in Pirna befindet.
Eine klangschöne kleine Orgel, von Johann Daniel Ranft aus Geising 1781 erbaut, befindet sich in der evangelisch-lutherischen Kirche Struppen. Dort erklang Musik von Georg Andreas Sorge (1703 bis 1778), der als Organist und Lehrer in Lobenstein wirkte und nicht nur als Komponist, sondern vor allem auch durch seine musiktheoretischen Schriften weithin bekannt wurde. Die jüngste und zweitgrößte Orgel der Sächsischen Schweiz be- findet sich in der evangelisch-lutherischen Stadtkirche von Königstein. Sie wurde 2007/2008 durch Georg Wünning, Großolbersdorf, erbaut. Dabei wurden Teile ihrer Vorgänger, insbesondere einer hochromantischen Jehmlich-Orgel aus dem Jahre 1851 und einer spätromantisch-orchestral disponierten Jehmlich-Orgel von 1907, erhalten und integriert. Auf diesem Instrument spielt Grünert Werke des englischen Musikdirektors Percy Eastman Fletcher (1879 bis 1932).
Immer wieder überrascht der Organist durch seine Musik-Auswahl. Grünert bereichert das Programm insbesondere durch eine Vielzahl von Werken englischer Komponisten, die hierzulande wenig bekannt sind. Mit den ausgewählten Stücken vermittelt er sehr geschickt einen Eindruck von den Klangmöglichkeiten und Qualitäten der jeweiligen Orgel. Der enga- gierte Kirchenmusiker ist eigentlich Kantor an der Dresdner Frauen- kirche. Man darf gespannnt sein, wohin der Orgelmarathon 2015 führen wird – und wünscht Matthias Grünert auch weiterhin Entdeckerfreude und Musizierlust!
Die Orgellandschaft, die hier vorgestellt wird, ist erstaunlich bunt. Es sind kleine und große Orgeln aus vier Jahrhunderten, in den unterschiedlich- sten Dispositionen und mit sehr individuellen Klangfarben. Natürlich spielt Grünert auf der Orgel, die Gottfried Silbermann 1731 in Reinhardts- grimma errichtet hat, Musik von Johann Sebastian Bach. Doch gleich darauf folgt ein Marche Religieuse von Gustav Adolf Merkel (1827 bis 1885), vorgetragen auf der Jehmlich-Orgel aus dem Jahre 1869, die sich in der neugotischen katholischen Kirche St. Kunigunde in Pirna befindet.
Eine klangschöne kleine Orgel, von Johann Daniel Ranft aus Geising 1781 erbaut, befindet sich in der evangelisch-lutherischen Kirche Struppen. Dort erklang Musik von Georg Andreas Sorge (1703 bis 1778), der als Organist und Lehrer in Lobenstein wirkte und nicht nur als Komponist, sondern vor allem auch durch seine musiktheoretischen Schriften weithin bekannt wurde. Die jüngste und zweitgrößte Orgel der Sächsischen Schweiz be- findet sich in der evangelisch-lutherischen Stadtkirche von Königstein. Sie wurde 2007/2008 durch Georg Wünning, Großolbersdorf, erbaut. Dabei wurden Teile ihrer Vorgänger, insbesondere einer hochromantischen Jehmlich-Orgel aus dem Jahre 1851 und einer spätromantisch-orchestral disponierten Jehmlich-Orgel von 1907, erhalten und integriert. Auf diesem Instrument spielt Grünert Werke des englischen Musikdirektors Percy Eastman Fletcher (1879 bis 1932).
Immer wieder überrascht der Organist durch seine Musik-Auswahl. Grünert bereichert das Programm insbesondere durch eine Vielzahl von Werken englischer Komponisten, die hierzulande wenig bekannt sind. Mit den ausgewählten Stücken vermittelt er sehr geschickt einen Eindruck von den Klangmöglichkeiten und Qualitäten der jeweiligen Orgel. Der enga- gierte Kirchenmusiker ist eigentlich Kantor an der Dresdner Frauen- kirche. Man darf gespannnt sein, wohin der Orgelmarathon 2015 führen wird – und wünscht Matthias Grünert auch weiterhin Entdeckerfreude und Musizierlust!
Mittwoch, 19. November 2014
Bis willekommen (Genuin)
Was macht ein Thomaner, wenn er das Abitur glücklich geschafft hat – und den weltberühmten Chor verlassen muss? Er singt gemeinsam mit anderen ehemaligen Thomanern weiter. Dazu haben sich in Leipzig bereits mehrere Formationen ge- gründet, und sie sind oft auch recht erfolgreich, was für die solide Aus- bildung der jungen Sänger in dem renommierten Knabenchor spricht. Das Ensemble Nobiles beispielsweise hat bereits zwei CD veröffentlicht. Die Sänger konnten sich beim Deutschen Musikwettbewerb 2014 Stipendien des Deutschen Musikrates sowie der Deutschen Stiftung Musikleben und einen Förderpreis sichern, und dem 9. Deutschen Chorwettbewerb 2014 in Weimar gewann das Quintett sogar einen ersten Preis.
Jetzt haben Paul Heller, Lukas Lomtscher, Christian Pohlers, Felix Hüb- ner und Lucas Heller ihre dritte CD vorgelegt. Inhaltlich spannt sie den Bogen vom stillen Beginn des Kirchenjahres am ersten Advent über den Jubel in der Christnacht bis zum Dreikönigstag, der nicht nur an die Anbetung der drei Weisen aus dem Morgenlande erinnert, sondern auch an den Kurrendegesang der frierenden Chorschüler, die mit diesem Dienst seinerzeit ihre Ausbildung mit finanzieren mussten. Geblieben ist davon heute noch das Sternsingen.
Nicht nur das ausgewählte Repertoire, auch der sehr informative Text von Anselm Hartinger zeigt die Wurzeln des Gesangsquintettes sehr deutlich: Die Chorkultur der Thomaner, ihre Chordisziplin und natürlich auch ihre Musik haben das Ensemble Nobiles geprägt und werden durch die nun- mehr erwachsenen Sänger fortgeschrieben. Davon zeugen etliche Werke, die Komponisten eigens für die fünf jungen Männer geschaffen haben. Das Ensemble Nobiles begeistert mit sorgsam ausgewählten, perfekt einstu- dierten und sowohl lupenrein sauber als auch sehr durchdacht gesungenen Werken, von Michael Praetorius bis Günter Raphael und von Benedict Ducis bis Hugo Distler. Auch der derzeitige Thomaskantor Georg Christoph Biller ist mit zwei Liedsätzen vertreten. Wer eine Alternative sucht zum vorweihnachtlichen Shopping-Mall-Gedudel – hier ist eine, und zwar eine sehr hörenswerte.
Jetzt haben Paul Heller, Lukas Lomtscher, Christian Pohlers, Felix Hüb- ner und Lucas Heller ihre dritte CD vorgelegt. Inhaltlich spannt sie den Bogen vom stillen Beginn des Kirchenjahres am ersten Advent über den Jubel in der Christnacht bis zum Dreikönigstag, der nicht nur an die Anbetung der drei Weisen aus dem Morgenlande erinnert, sondern auch an den Kurrendegesang der frierenden Chorschüler, die mit diesem Dienst seinerzeit ihre Ausbildung mit finanzieren mussten. Geblieben ist davon heute noch das Sternsingen.
Nicht nur das ausgewählte Repertoire, auch der sehr informative Text von Anselm Hartinger zeigt die Wurzeln des Gesangsquintettes sehr deutlich: Die Chorkultur der Thomaner, ihre Chordisziplin und natürlich auch ihre Musik haben das Ensemble Nobiles geprägt und werden durch die nun- mehr erwachsenen Sänger fortgeschrieben. Davon zeugen etliche Werke, die Komponisten eigens für die fünf jungen Männer geschaffen haben. Das Ensemble Nobiles begeistert mit sorgsam ausgewählten, perfekt einstu- dierten und sowohl lupenrein sauber als auch sehr durchdacht gesungenen Werken, von Michael Praetorius bis Günter Raphael und von Benedict Ducis bis Hugo Distler. Auch der derzeitige Thomaskantor Georg Christoph Biller ist mit zwei Liedsätzen vertreten. Wer eine Alternative sucht zum vorweihnachtlichen Shopping-Mall-Gedudel – hier ist eine, und zwar eine sehr hörenswerte.
Montag, 17. November 2014
Mozart: Complete Horn Concertos (Signum Classics)
Auch wenn Wolfgang Amadeus Mozart gelegentlich derbe Scherze mit ihm trieb – für seinen Freund, den Hornisten Joseph Leitgeb, schrieb der Komponist Konzerte, die sich noch heute großer Beliebtheit erfreuen. Man fragt sich allerdings, wie die Solisten diese Werke seiner- zeit auf dem ventillosen Waldhorn bewältigt haben, denn sie sind schon auf dem heute üblichen Instrument keineswegs einfach zu spielen. Auf dieser CD demonstriert Roger Montgomery, wie schön Mozarts Konzerte auf dem Naturhorn klingen können. Zusätzlich wurde auch das selten gespielte Fragment KV 494a aufgenommen; es handelt sich dabei wohl um die Einleitung zu einem Konzert, das leider nie vollendet wurde. Montgomery musiziert gemeinsam mit dem renommierten Orchestra of the Age of Enlightenment. Er ist den hohen Anforderungen seiner Partie rundum gewachsen und begeistert durch einen wundervollen runden, warmen Hornton. Schön!
Christmas around the world (Berlin Classics)
Auf Weihnachtsreise gehen die Musiker von German Brass, gemeinsam mit dem Windsbacher Knabenchor. Dieses Album wurde aufgezeichnet, als Enrique Crespo noch der Leiter des Bläserensembles war. Von ihm stammen auch sämtliche Arrangements auf dieser CD. Sie enthält Weihnachtslieder aus aller Welt, von Händels berühmtem Joy to the world bis hin zu White Christmas und von Stille Nacht, heilige Nacht bis zu Bajuschki baju. Das ist alles ganz nett, aber auch ziemlich kaufhaustauglich – bei aller Spielfreude. Professionalität allein reicht eben nicht aus, um ein anrühren- des Weihnachtsalbum zu machen.
The Dresden Album (Audax)
Johann Georg Pisendel (1687 bis 1755) gehört zu den überragenden Musikerpersönlichkeiten seiner Zeit. Der Sohn eines Kantors kam 1697 als Kapellknabe an den Ansbacher Hof. Dort könnte er Geigenschüler von Giuseppe Torelli gewesen sein. Wie gut er sein Instrument beherrschte, darauf deutet jedenfalls die Tatsache hin, dass er bei Hofe als Geiger angestellt wurde, obwohl erst kurz vorher die Zahl der Musiker drastisch reduziert worden war. 1709 reiste Pisendel nach Leipzig, wo er studierte, und nebenher zeitweise das Collegium musicum leitete. Die Studienjahre boten dem Musiker zudem Gelegenheit, renommierte Kollegen wie Telemann, Graupner, Heinichen, Fasch und etliche andere kennenzulernen. Im Januar 1712 wurde er erster Geiger in der Hofkapelle Augusts des Starken, 1728 wurde er schließlich Konzertmeister in diesem Orchester. Pisendel trug wesentlich dazu bei, dass es zu den besten Europas gehörte.
Sein Dienstherr erkannte die Stärken des jungen Mannes, und schickte ihn zunächst auf Reisen. So weilte er im Gefolge des Kurprinzen in Paris, in Rom und Venedig sowie in Wien – und brachte nicht nur musikalische Anregungen und eine Vielzahl von Notenabschriften, sondern auch freundschaftliche Kontakte zu den Musikerkollegen in den europäischen Metropolen mit. Wie weit das Beziehungsnetz Pisendels reichte, davon gibt die vorliegende CD einen Eindruck.
Johannes Pramsohler hat für die zweite Veröffentlichung bei seinem Label Audax einige Raritäten eingespielt, die bislang offenbar in den Noten- beständen der Dresdner Hofkapelle schlummerten: Triosonaten von Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann, Johann Friedrich Fasch, Jo- hann Joseph Fux und Frantisek Ignác Tuma; die Werke der letztgenannten drei erklingen immerhin in Weltersteinspielungen. Es ist dies zugleich die Debüt-CD seines Ensembles Diderot; mit Prahmsohler musizieren Varoujan Doneyan, Barockvioline, Gulrim Choi, Barock-Violoncello, und Philippe Grisvard am Cembalo.
Die Musiker beeindrucken durch ihr exzellentes Zusammenspiel. Insbe- sondere die Cellistin setzt immer wieder spannende Akzente. Die beiden Geiger hingegen musizieren zwar virtuos, aber für mein Empfinden zu grell; ihr Ton ist herausfordernd schrill und ihre Phrasierung oftmals schlicht zu ruppig. Damit werden sie dem galanten Charakter vieler Stücke nicht gerecht, vor allem auch die langsameren Sätze würden durch mehr Wärme und klangliche Abrundung gewinnen. Die Fußstapfen Reinhard Goebels, der seinen jungen Kollegen hier mit einem sehr informativen Text im Beiheft unterstützt, erscheinen momentan für Pramsohler noch etwas groß. Aber die Lust an Entdeckungen, die Neugier auf vergessenes Repertoire haben die Violinisten gemeinsam. Hörenswert sind die sechs Triosonaten auf dieser CD, und die Aufnahme ist zudem in technischer Hinsicht phänomenal. Man hat wirklich den Eindruck, inmitten der Musiker zu sitzen.
Sein Dienstherr erkannte die Stärken des jungen Mannes, und schickte ihn zunächst auf Reisen. So weilte er im Gefolge des Kurprinzen in Paris, in Rom und Venedig sowie in Wien – und brachte nicht nur musikalische Anregungen und eine Vielzahl von Notenabschriften, sondern auch freundschaftliche Kontakte zu den Musikerkollegen in den europäischen Metropolen mit. Wie weit das Beziehungsnetz Pisendels reichte, davon gibt die vorliegende CD einen Eindruck.
Johannes Pramsohler hat für die zweite Veröffentlichung bei seinem Label Audax einige Raritäten eingespielt, die bislang offenbar in den Noten- beständen der Dresdner Hofkapelle schlummerten: Triosonaten von Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann, Johann Friedrich Fasch, Jo- hann Joseph Fux und Frantisek Ignác Tuma; die Werke der letztgenannten drei erklingen immerhin in Weltersteinspielungen. Es ist dies zugleich die Debüt-CD seines Ensembles Diderot; mit Prahmsohler musizieren Varoujan Doneyan, Barockvioline, Gulrim Choi, Barock-Violoncello, und Philippe Grisvard am Cembalo.
Die Musiker beeindrucken durch ihr exzellentes Zusammenspiel. Insbe- sondere die Cellistin setzt immer wieder spannende Akzente. Die beiden Geiger hingegen musizieren zwar virtuos, aber für mein Empfinden zu grell; ihr Ton ist herausfordernd schrill und ihre Phrasierung oftmals schlicht zu ruppig. Damit werden sie dem galanten Charakter vieler Stücke nicht gerecht, vor allem auch die langsameren Sätze würden durch mehr Wärme und klangliche Abrundung gewinnen. Die Fußstapfen Reinhard Goebels, der seinen jungen Kollegen hier mit einem sehr informativen Text im Beiheft unterstützt, erscheinen momentan für Pramsohler noch etwas groß. Aber die Lust an Entdeckungen, die Neugier auf vergessenes Repertoire haben die Violinisten gemeinsam. Hörenswert sind die sechs Triosonaten auf dieser CD, und die Aufnahme ist zudem in technischer Hinsicht phänomenal. Man hat wirklich den Eindruck, inmitten der Musiker zu sitzen.
Mittwoch, 12. November 2014
Anonymus Habsburg violin music ex Vienna (Pan Classics)
Für diese CD hat Gunar Letzbor Werke aus einer der bedeutendsten Quellen österreichischer Barock- musik ausgewählt: Die Handschrift XIV 726 des Wiener Minoriten- konvents enthält sowohl Musik berühmter Komponisten, als auch interessante Stücke von Kompo- nisten, über die man kaum mehr weiß als ihren Namen – und etliche anonym überlieferte Werke.
Wer sie geschaffen hat, das ist heute wohl nicht mehr mit Sicherheit festzustellen. Die Einspielung macht allerdings deutlich, dass der Name des jeweiligen Komponisten nicht deshalb unbekannt geblieben ist, weil es seiner Musik an Qualität mangelt. Die Sonaten, die Letzbor vorstellt, sind durchaus erstaunlich brillant. Die Geiger, die seinerzeit in die Fußstapfen Schmelzers oder Bibers traten, nutzen die hohen Lagen. Sie verblüfften ihr Publikum mit unerwarteten Bogenstrichen, mit mehrstimmigem Spiel und mit rasanten Tempi.
Ob das Musicalisch Urwerck, Das Posthorn oder aber die Sonaten – musikalisch interessant sind die sorgsam ausgesuchten Stücke alle; sie geben zudem Zeugnis vom hohen Stand der damaligen Violinschule nördlich der Alpen. Letzbor hat hörbar Vergnügen an den geigentech- nischen Kabinettstückchen. Begleitet wird er durch das Ensemble Ars Antiqua Austria. Eine rundum gelungene CD, die man immer wieder anhören möchte.
Wer sie geschaffen hat, das ist heute wohl nicht mehr mit Sicherheit festzustellen. Die Einspielung macht allerdings deutlich, dass der Name des jeweiligen Komponisten nicht deshalb unbekannt geblieben ist, weil es seiner Musik an Qualität mangelt. Die Sonaten, die Letzbor vorstellt, sind durchaus erstaunlich brillant. Die Geiger, die seinerzeit in die Fußstapfen Schmelzers oder Bibers traten, nutzen die hohen Lagen. Sie verblüfften ihr Publikum mit unerwarteten Bogenstrichen, mit mehrstimmigem Spiel und mit rasanten Tempi.
Ob das Musicalisch Urwerck, Das Posthorn oder aber die Sonaten – musikalisch interessant sind die sorgsam ausgesuchten Stücke alle; sie geben zudem Zeugnis vom hohen Stand der damaligen Violinschule nördlich der Alpen. Letzbor hat hörbar Vergnügen an den geigentech- nischen Kabinettstückchen. Begleitet wird er durch das Ensemble Ars Antiqua Austria. Eine rundum gelungene CD, die man immer wieder anhören möchte.
Sonntag, 9. November 2014
Mozart: Divertimento in E flat major (Naxos)
Zwei Werke, die Wolfgang Amadeus Mozart für Streicher komponiert hat, enthält diese CD aus dem Hause Naxos. Das Divertimento in Es-Dur KV 563, entstanden 1788, widmete Mozart seinem langjährigen Freund Johann Michael Puchberg, einem erfolgreichen Textilfabrikanten, der in derselben Freimaurerloge verkehrte wie der Musiker. Es ist eines der schönsten Werke Mozarts, wie ich finde.
Erklungen ist es übrigens erstmals in Dresden. Dort weilte Mozart im April 1788 als Begleiter des Prinzen Carl von Lichnowsky. Am 13. April gab er im Hotel de Pologne ein Privat- konzert, gemeinsam mit dem Hoforganisten Anton Teyber, der die Geige spielte, und mit dem renommierten Cellisten Anton Kraft, der nach Norddeutschland unterwegs war, auf einer Konzertreise mit seinem elfjährigen Sohn Nikolaus. Mozart war damals so berühmt, dass er sogar am Dresdner Hof vor dem Kurfürsten spielen durfte. Das war eine hohe Ehre, denn Friedrich August III. empfing eigentlich niemals reisende Künstler. Das Krönungskonzert hat ihm wohl gefallen; Mozart jedenfalls erhielt für seinen Auftritt eine Tabaksdose und hundert Dukaten, was seinerzeit ziemlich viel Geld war.
Das Trio in G-Dur KV 562e schrieb Mozart ebenfalls 1788; allerdings hat er dieses Werk nicht vollendet. Dennoch ist das Fragment hörenswert. Henning Kragerrud, Violine, Lars Anders Tomter, Viola, und Christoph Richter am Violoncello musizieren angemessen elegant. Man spürt, dass die drei Musiker ihre Leidenschaft für die Kammermusik eint – und erfreut sich an ihrem harmonischen, perfekt austarierten Spiel.
Erklungen ist es übrigens erstmals in Dresden. Dort weilte Mozart im April 1788 als Begleiter des Prinzen Carl von Lichnowsky. Am 13. April gab er im Hotel de Pologne ein Privat- konzert, gemeinsam mit dem Hoforganisten Anton Teyber, der die Geige spielte, und mit dem renommierten Cellisten Anton Kraft, der nach Norddeutschland unterwegs war, auf einer Konzertreise mit seinem elfjährigen Sohn Nikolaus. Mozart war damals so berühmt, dass er sogar am Dresdner Hof vor dem Kurfürsten spielen durfte. Das war eine hohe Ehre, denn Friedrich August III. empfing eigentlich niemals reisende Künstler. Das Krönungskonzert hat ihm wohl gefallen; Mozart jedenfalls erhielt für seinen Auftritt eine Tabaksdose und hundert Dukaten, was seinerzeit ziemlich viel Geld war.
Das Trio in G-Dur KV 562e schrieb Mozart ebenfalls 1788; allerdings hat er dieses Werk nicht vollendet. Dennoch ist das Fragment hörenswert. Henning Kragerrud, Violine, Lars Anders Tomter, Viola, und Christoph Richter am Violoncello musizieren angemessen elegant. Man spürt, dass die drei Musiker ihre Leidenschaft für die Kammermusik eint – und erfreut sich an ihrem harmonischen, perfekt austarierten Spiel.
Bach: Brandenburg Concertos; Concerto Köln (Berlin Classics)
„Warum sollten wir die Brandenbur- gischen aufführen und im Studio produzieren, wo es doch schon so viele exemplarische Aufnahmen auf dem Markt gibt?“ Das Ensemble Concerto Köln hat diese Frage sehr ernsthaft diskutiert – und sich dann doch zu einer Einspielung ent- schlossen. Die Musiker sahen durchaus Möglichkeiten, die populären Werke in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Dazu hat das Ensemble in erster Linie in Bachs Noten geschaut – mit geschärftem Blick und dem Ziel, den bestehenden Sichtweisen Neues hinzuzufügen. Insbesondere beim Klang und bei der Instrumentierung fanden sich da tatsächlich Ansatzpunkte.
So entschied sich Concerto Köln, wie schon bei der Einspielung von Bachs Orchestersuiten, bei der Stimmung erneut für den Kammerton 392 Hertz, der zu Bachs Zeiten in Frankreich gebräuchlich war. „Im tiefen Kammer- ton erscheinen die hohen Passagen der Trompete deutlich idiomatischer und es ist ein weicheres Zusammmenspiel im Solistenquartett möglich“, erläutert Lorenzo Alpert, Fagottist des Ensembles. Dafür musste allerdings die Trompete entsprechend angepasst werden – denn der Kammerton liegt heute im modernen Sinfonieorchester teilweise sogar über 440 Hertz.
Hohen Aufwand betrieb das Ensemble zudem um die „Fiauti d’Echo“, die Bach im vierten Konzert vorsieht. Sie wurden nach alten Zeichnungen und Beschreibungen von dem Schweizer Flötenbauer Andreas Schöni nach- gebaut. Entstanden sind Doppelflöten, die auf der einen Seite laute und auf der anderen Seite leise Töne produzieren. Allerdings ist der Effekt erstaun- lich dezent; so kann das ein Flötist auch auf der Altblockflöte spielen, wenn diese halbwegs Qualität hat.
Nachgedacht haben die Musiker zudem über die Besetzung der Continuo-Gruppe; dafür wurden jeweils Violone und Cembalo mit Sorgfalt ausge- wählt. So entschied sich das Ensemble insbesondere beim vierten und fünften Konzert für ein Instrument nach Johann Heinrich Gräbner, nachgebaut 2001 von Christian Fuchs. Die sächsische Clavierbauer-Dynastie Gräbner genoss einst einen hervorragenden Ruf. Sie baute klangschöne Cembali, und weil einer der Gräbner-Söhne zu den Schülern Bachs gehörte, wird angenommen, dass der Thomaskantor mit diesen Instrumenten vertraut gewesen sein sollte.
Auch sonst achten die Musiker auf viele kleine Details. Wer die Konzerte gut kennt, der wird sich daran erfreuen. Concerto Köln – das steht für historische Aufführungspraxis auf höchstem Niveau; nicht umsonst haben die Musiker zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Überraschungen sind da nicht zu erwarten, doch wer Präzision und Seriosität schätzt, der wird diese Aufnahme anderen vorziehen.
So entschied sich Concerto Köln, wie schon bei der Einspielung von Bachs Orchestersuiten, bei der Stimmung erneut für den Kammerton 392 Hertz, der zu Bachs Zeiten in Frankreich gebräuchlich war. „Im tiefen Kammer- ton erscheinen die hohen Passagen der Trompete deutlich idiomatischer und es ist ein weicheres Zusammmenspiel im Solistenquartett möglich“, erläutert Lorenzo Alpert, Fagottist des Ensembles. Dafür musste allerdings die Trompete entsprechend angepasst werden – denn der Kammerton liegt heute im modernen Sinfonieorchester teilweise sogar über 440 Hertz.
Hohen Aufwand betrieb das Ensemble zudem um die „Fiauti d’Echo“, die Bach im vierten Konzert vorsieht. Sie wurden nach alten Zeichnungen und Beschreibungen von dem Schweizer Flötenbauer Andreas Schöni nach- gebaut. Entstanden sind Doppelflöten, die auf der einen Seite laute und auf der anderen Seite leise Töne produzieren. Allerdings ist der Effekt erstaun- lich dezent; so kann das ein Flötist auch auf der Altblockflöte spielen, wenn diese halbwegs Qualität hat.
Nachgedacht haben die Musiker zudem über die Besetzung der Continuo-Gruppe; dafür wurden jeweils Violone und Cembalo mit Sorgfalt ausge- wählt. So entschied sich das Ensemble insbesondere beim vierten und fünften Konzert für ein Instrument nach Johann Heinrich Gräbner, nachgebaut 2001 von Christian Fuchs. Die sächsische Clavierbauer-Dynastie Gräbner genoss einst einen hervorragenden Ruf. Sie baute klangschöne Cembali, und weil einer der Gräbner-Söhne zu den Schülern Bachs gehörte, wird angenommen, dass der Thomaskantor mit diesen Instrumenten vertraut gewesen sein sollte.
Auch sonst achten die Musiker auf viele kleine Details. Wer die Konzerte gut kennt, der wird sich daran erfreuen. Concerto Köln – das steht für historische Aufführungspraxis auf höchstem Niveau; nicht umsonst haben die Musiker zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Überraschungen sind da nicht zu erwarten, doch wer Präzision und Seriosität schätzt, der wird diese Aufnahme anderen vorziehen.
Samstag, 1. November 2014
Beethoven: Concerto 5 "Emperor", Sonata op. 111; Freire, Chailly (Decca)
„Er ist ein wunderbarer Konzert- partner“, begeistert sich Nelson Freire für Riccardo Chailly. „Er macht kleine Gesten, die sehr wichtig sind, und er achtet auf die kleinsten Details. Das hilft mir enorm. Und wenn ich mich entschließe, etwas aus einer sponta- nen Laune heraus zu versuchen, dann ist er immer da – man hat das Gefühl, er macht die Musik wirklich von Augenblick zu Augenblick. Es ist nichts festgelegt, sondern die Dinge geschehen spontan.“
Auch das Gewandhausorchester Leipzig schätzt der Pianist sehr. Im Jahre 2006 haben die Musiker gemeinsam zwei Klavierkonzerte von Johannes Brahms eingespielt. Das Album war seinerzeit sehr erfolgreich und gewann mehrere Preise. Im März 2014 war Freire erneut zu Gast im Leipziger Gewandhaus; auf dem Programm stand diesmal das letzte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven, das fünfte Klavierkonzert in
Es-Dur, bekannt unter dem Namen „Emperor“.
Diese Einspielung ist ein bewegendes Dokument einer langjährigen künstlerischen Partnerschaft – der Pianist, der Dirigent und das Orchester harmonieren bestens miteinander. Das macht diese CD einzigartig. Das Album enthält zudem die Klaviersonate in c-Moll Op. 111. Es ist die 32. und letzte Klaviersonate Beethovens; sie gilt als mystisches Opus, gewidmet den letzten Dingen - Diesseits und Jenseits, männliches und weibliches Prin- zip, irdisches Ringen und himmlische Gnade. Von all den Spekulationen um den Kern dieses Werkes offenbar unbeeindruckt, hat Freire sie im Fe- bruar diesen Jahres im Teldex Studio in Berlin eingespielt. Der Brasilianer, der im Oktober seinen 70. Geburtstag feierte, musiziert mit Leidenschaft. Allerdings scheint ihn die Live-Situation zu beflügeln, das Leipziger Konzert wirkt deutlich inspirierter. Das ist erfreulich, denn Freire will bis 2016 gemeinsam mit Chailly und dem Gewandhausorchester alle Klavier- konzerte Beethovens für Decca einspielen. Auf die Fortsetzung darf man also bereits gespannt sein.
Auch das Gewandhausorchester Leipzig schätzt der Pianist sehr. Im Jahre 2006 haben die Musiker gemeinsam zwei Klavierkonzerte von Johannes Brahms eingespielt. Das Album war seinerzeit sehr erfolgreich und gewann mehrere Preise. Im März 2014 war Freire erneut zu Gast im Leipziger Gewandhaus; auf dem Programm stand diesmal das letzte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven, das fünfte Klavierkonzert in
Es-Dur, bekannt unter dem Namen „Emperor“.
Diese Einspielung ist ein bewegendes Dokument einer langjährigen künstlerischen Partnerschaft – der Pianist, der Dirigent und das Orchester harmonieren bestens miteinander. Das macht diese CD einzigartig. Das Album enthält zudem die Klaviersonate in c-Moll Op. 111. Es ist die 32. und letzte Klaviersonate Beethovens; sie gilt als mystisches Opus, gewidmet den letzten Dingen - Diesseits und Jenseits, männliches und weibliches Prin- zip, irdisches Ringen und himmlische Gnade. Von all den Spekulationen um den Kern dieses Werkes offenbar unbeeindruckt, hat Freire sie im Fe- bruar diesen Jahres im Teldex Studio in Berlin eingespielt. Der Brasilianer, der im Oktober seinen 70. Geburtstag feierte, musiziert mit Leidenschaft. Allerdings scheint ihn die Live-Situation zu beflügeln, das Leipziger Konzert wirkt deutlich inspirierter. Das ist erfreulich, denn Freire will bis 2016 gemeinsam mit Chailly und dem Gewandhausorchester alle Klavier- konzerte Beethovens für Decca einspielen. Auf die Fortsetzung darf man also bereits gespannt sein.
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