Für seine Neueinspielung sämtlicher Orgelwerke Bachs erhielt Stefano Molardi viel Kritikerlob. Nun hat sich der Organist, Cembalist, Musik- wissenschaftler und Dirigent dem Schaffen von Bachs Vorgänger zugewandt: Johann Kuhnau (1660 bis 1722) verknüpfte in seinen Werken geschickt diverse Trends und musikalische Innovationen der Musik nördlich der Alpen, wobei er sich auch durch die Affetti der italieni- schen Meister inspirieren ließ.
Dass er einmal als das Muster eines Gelehrten gelten sollte, das war dem Musiker allerdings nicht an der Wiege gesungen worden. Kuhnau war der Sohn eines Tischlers. Er stammte aus Geising im Erzgebirge, und begann seine Ausbildung als Ratsdiskantist an der Dresdner Kreuzschule. 1680 wurde Kuhnau der Pest wegen nach Zittau geschickt, um dort, mit finan- zieller Unterstützung durch wohlhabende Bürger, am Gymnasium weiter- zulernen. Zur Ratswahl komponierte er eine Motette, die offenbar so gelungen war, dass die Stadtväter ihm daraufhin die Vertretung der vakanten Stelle des Kantors und Organisten antrugen.
1682 ging Kuhnau zum Studium nach Leipzig. 1684 wurde er Organist an der Thomaskirche, 1701 als Nachfolger Johann Schelles Thomaskantor und Musikdirektor der drei Leipziger Hauptkirchen. Leider ist von seinen Vokalwerken kaum etwas auf CD zu finden; bekannt sind vor allem seine Stücke für das Klavier, weil etliche davon im Druck erschienen sind und weit verbreitet waren.
An den Silbermann-Orgeln im Freiberger Dom und der Marienkirche Rötha hat Molardi große Teile des Orgelwerks Kuhnaus eingespielt. Die Klangpracht dieser berühmten Instrumente zu loben, das hieße Eulen nach Athen tragen – wer sich für historische Orgeln interesssiert, und sie tat- sächlich noch nicht gehört hat, der sollte bald nach Sachsen reisen.
Die bedeutendsten Musikstücke, die Kuhnau für Tasteninstrumente geschaffen hat, sind ohne Zweifel die Sonaten der Musikalischen Vor- stellung einiger biblischer Historien (1700), in denen er sechs Geschich- ten aus dem Alten Testament in Musik umgesetzt hat. So berichtet die erste Sonate von der Schlacht zwischen David und Goliath. Man hört beispiels- weise die Israeliten vor Angst schlottern, dann den Stein aus der Schleuder fliegen und Goliath zu Boden stürzen. Großes Kino! Die letzte Sonate schildert, wie Jakob, der Stammvater der zwölf Stämme Israels, nach seinem Tode von seiner Familie aus Ägypten nach Kanaan gebracht wird, wo er, wie gewünscht, an demselben Ort begraben wird wie sein Großvater Abraham.
Molardi spielt zudem die sieben Sonaten der Frischen Clavierfrüchte (1696), sowie einige ausgewählte Stücke aus der zweiteiligen Clavier-Uebung (1689/92), einer Kollektion von Suiten. Die zweite dieser Sammlungen enthält außerdem die Sonate in B–Dur. Sie gilt als erster Versuch, diese zuvor nur für Streichinstrumente übliche Form auf das Clavier zu übertragen; Kuhnau wird mithin als der Erfinder der Klavier- sonate betrachtet. Dieses gewichtige Oeuvre komplettiert Molardi noch um einige weitere bedeutende Werke, die nicht im Druck erschienen, aber handschriftlich überliefert worden sind. Ein Beispiel dafür ist die Toccata A-Dur - „a lovely example of how the style of Frescobaldi's Italian toccata could be creatively mixed with that of Froberger“, so der Organist im Beiheft, „along with fugue elements typical of Pachelbel and the compo- sers of central Germany.“
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