Montag, 3. Dezember 2012

Jubilate Deo (Oehms Classics)

Ein ganz besonderes Weihnachts- geschenk legt Oehms Classics dem Musikfreund auf den Gabentisch: Auf dieser CD finden sich einige Werke von Johann Stadlmayr (um 1575 bis 1648). Der Komponist veröffentlichte 1596 erstmals eine Sammlung von Messen. 1603 erhielt er eine Stelle als Musicus in der Hofkapelle des Fürst-Erzbi- schofs Wolf  Dietrich von Raitenau in Salzburg. Dort stieg er bald zum Kapellmeister auf.
1607 ging Stadlmayer nach Innsbruck, wo er als Hofkapellmeister des Erzherzogs Maximilian III. wirkte. Ein Angebot aus München schlug er aus. Doch nach dem Tode des Regenten 1618 brachen für ihn harte Zeiten an. Denn der Nachfolger im Amt des Statthalters von Tirol, Erzherzog Leopold V., löste den Hofstaat in Innsbruck auf. Er weilte zunächst nur selten in der Stadt; Stadlmayr erhielt eine schmale Rente und verdingte sich schließlich sogar als Inspektor der Fleischbänke, um seine Familie ernähren zu können. 1623 schickte der Komponist schließlich doch eine Bewerbung nach Wien, wo die Stelle des Domkapellmeisters vakant war.
Um seinen Weggang zu verhindern, ernannte der Erzherzog Stadl- mayr zum Hofkapellmeister und zahlte ihm ein großzügiges Gehalt. Denn der Dienstherr hatte Pläne, die gewisse Repräsentations- pflichten mit sich brachten: 1626 ließ sich Leopold von seinen geistlichen Ämtern entbinden - er war unter anderem Bischof von Passau und Straßburg - und heiratete Claudia de Medici.  Der Kaiser machte ihn zum Landesherrn. Und die Landesherrin erwies sich als Mäzenin; sie förderte auch nach dem Tode ihres Gatten 1632 den Musiker, dessen Werke sie möglicherweise an die prächtige Musik ihrer Heimat erinnerten. 
Stadlmayr komponierte offenbar ausschließlich Kirchenmusik. Die Missa Jubilate Deo ist Bestandteil einer Sammlung doppelchöriger Messen, die der Musiker 1610 veröffentlicht hat. Die CD enthält zudem vier groß besetzte Motetten - wahrscheinlich aus einem weiteren Sammelband, der 1645 unter dem Titel Apparatus musicus erschienen ist. Das Beiheft verweist jedenfalls darauf, dass die Werke des Komponisten nach den Originalausgaben aus der Musiksammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum eingespielt wurden.
Um aufzuzeigen, in welcher musikalischen Tradition sich Stadlmayr bewegte, hat der Orpheus Chor München gemeinsam mit Les Cornets Noirs unter Gerd Guglhör diese Stücke um zwei Motetten von Heinrich Schütz sowie einige Werke seines Lehrers Giovanni Gabrieli ergänzt. Eine gewisse stilistische Nähe ist nicht zu verkennen; das zeigt erneut, wie schnell und wie breit sich musikalische Innovatio- nen in der Frühen Neuzeit durchsetzten. Man staunt heute über dieses Phänomen, zumal Musikstücke seinerzeit in erster Linie in Form von Abschriften weitergegeben wurden. 
Man staunt allerdings auch beim Blick auf das Chor-Foto: Wenn das ein Kammerchor sein soll - wie kopfstark ist wohl dann erst der große Chor des Akademischen Gesangvereins München, aus dem der Orpheus Chor hervorgegangen ist? Leider erscheint diese Aufnahme entsprechend massig und dynamisch wie klanglich wenig differen- ziert. Die Sänger sind durchaus versiert. Aber irgendwie fehlt diesem Ensemble die Klangvorstellung. Und so gibt es statt durchhörbarer Mehrchörigkeit - bei doppelchörigen Werken eigentlich ohne Schwierigkeit zu erreichen - undefinierbaren Klangbrei. Schade. 

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