Einmal mehr haben sich der Tenor Hans Jörg Mammel und das auf Barockmusik spezialisierte Orche- ster L'arpa festante gemeinsam auf Entdeckungsreise begeben. Und das, was sie in den Tiefen der Notenschränke aufgespürt haben, legen sie dem Publikum auf den Gabentisch: Konzerte und Arien zur Weihnacht, durchweg Raritä- ten; man staunt, aber dennoch erklingen nur zwei dieser Werke, die so selten zu hören sind, hier in Weltersteinspielung.
Es handelt sich dabei um Kompositionen des Schütz-Meisterschülers Christoph Bernhard (1628 bis 1692). Im Kontrast dazu erklingen zwei Kantaten von Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767), die pietisti- sche Gedankenwelten in barocke Klänge einbetten. Das Ergebnis möchte man beinahe eine protestantische Oper nennen: "Göttlichs Kind, lass mit Entzücken / dich doch an mein Herze drücken, / deine Schönheit nimmt mich ein".
Berückend sind die beiden Concerti von Johann Hermann Schein (1586 bis 1630), in denen der Tenor gleichberechtigt neben diversen Instrumentalisten mit Generalbass-Begleitung konzertiert. Der Tho- maskantor hat hier das italienische Vorbild beachtlich weiterent- wickelt - und nannte seine eigenen Musikstücke dennoch bescheiden Opella nova, was wohl als "neue Werklein" zu übersetzen ist.
Die Musiker von L'arpa festante präsentierten jeweils eine Sonate von Pavel Josef Vejvanovský (vermutlich 1633 bis 1693) und Johann Heinrich Schmelzer (vermutlich 1623 bis 1680). Gesang und Basso continuo kombiniert Philipp Friedrich Böddecker (1607 bis 1683) in Natus est Jesus. Der Komponist, im Elsass geboren, wuchs in Stuttgart auf, wo sein Vater an der Stiftskirche und in der Hofkapelle musizierte. Böddecker begann seine künstlerische Laufbahn als Gesangslehrer und Organist an einer Lateinschule; er wirkte unter anderem am Darmstädter Hof, als Organist am Straßburger Münster, und als Stiftsorganist in Stuttgart.
Auch Melchior Schildt (1592/93 bis 1667) war Organist. Er war ein Schüler von Jan Pieterszoon Sweelinck, der nicht nur als Orpheus von Amsterdam, sondern auch als deutscher Organistenmacher galt. Schildt war unter anderem Hoforganist bei Christian IV. von Däne- mark, und folgte dann seinem Vater nach als Organist der Markt- kirche von Hannover. Auf dieser CD erklingt das einzige überlieferte Vokalwerk Schildts, ein Choralkonzert über Ach mein herzliebes Jesulein.
Die CD beschließt das Laudate pueri Dominum ZWV 81 von Jan Dismas Zelenka (1679 bis 1745). Der Komponist, der am Dresdner Hof für die (katholische) Kirchenmusik zuständig war, hat Psalm 113 mit der angemessenen Klangpracht vertont. Man lauscht dem Sänger wie auch den Musikern gern. Sie sind technisch versiert, und gestalten diese "Alte" Musik mit sehr viel Sorgfalt und Hingabe. Das Ergebnis ist ein abwechslungsreiches, glanzvolles Weihnachtsalbum, das ohne Zweifel zu den besten Editionen des Jahres gehört. Bravi!
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