Welch
enorme Bedeutung doch die Begleitung für die Wirkung eines
Musikstückes hat, das macht dieses faszinierende Experiment deutlich: Der junge
Geiger Niklas Liepe, Preisträger des Deutschen Musik- wettbewerbes
2017 und NDR-Kulturpreisträger, hat ausgewählte Komponisten
eingeladen, Capricen für Violine solo von Niccolo Paganini (1782
bis1842) durch einen Orchesterpart zu ergänzen. Einzige Bedingung:
Der Geigenpart durfte nicht verändert werden.
Dieses
Verfahren hat Tradition. Denn schon die Zeitgenossen des Virtuosen
fühlten sich dazu herausgefordert, Paganinis Capricen zu
„komplettieren“; so schrieb beispielsweise Robert Schumann
1853/54 eine – sehr dezente – Klavierbegleitung. Den jeweiligen
Zeitgeschmack spiegeln Klavierparts, die Geigenvirtuosen von
Ferdinand David bis zu Fritz Kreisler oder Jacques Thiebaut
hinzugefügt haben.
Sieben
dieser „historischen“ Begleitungen hat Niklas Liepe in
Zusammen- arbeit mit Andreas N. Tarkmann für diese Aufnahme
ausgesucht. Tark- mann, ein renommierter Arrangeur, hat sie gekonnt und
stilgerecht orchestriert. Er ließ es sich natürlich auch nicht
nehmen, eine Caprice, und zwar die Nr. 14, mit einer Begleitung zu
versehen.
Generell
zeichnen sich die Komponisten, die sich an diesem Vexierspiel
beteiligten, durch höchst unterschiedliche musikalische
Handschriften und Klangvorstellungen aus. Peter WesenAuer
beispielsweise hat die Caprice Nr. 7 mit einem Orchesterpart
versehen, der sicherlich auch Paganini gut gefallen hätte. Gérard
Tamestit hingegen stellt seine Komposition ganz entschieden neben
jene von Paganini. Das wirkt beinahe so, als würde er das Original
ignorieren.
Nahezu
jede Variante aber wertet den Orchesterpart auf, macht ihn zu einem
gleichberechtigten Partner des Solisten. Die Deutsche Radio
Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern hat sich unter der Leitung
von Georg Bühl dieser Herausforderung gestellt, und die 24 Capricen
mit den neu komponierten Begleitungen gemeinsam mit Niklas Liepe
eingespielt. Außerordentlich spannend! So aufregend war Klassik
lange nicht mehr.
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