Am 23. Mai 1618 eskalierte im Prager Fenstersturz ein schon länger schwelender Konflikt zwischen dem böhmischen Landadel (zumeist protestantisch) und dem Landesherrn (katholisch). Aus dieser Auseinandersetzung entstand rasch ein Krieg verheerenden Ausmaßes, der halb Europa verwüstete, und als Dreißigjähriger Krieg in die Geschichte einging.
Diese CD zeigt, wie Komponisten in ihren Werken das Kriegsgeschehen spiegelten. Man wird bald feststellen, dass Musik in jener Zeit ein Medium der Repräsentation war. Der Adel, wenn er es sich leisten konnte, reiste in Begleitung seiner Hofmusiker. Ein gutes Beispiel dafür sind Kompositio- nen, die Heinrich Schütz für die sächsischen Kurfürsten schrieb. Diese Musik sollte nicht nur erbauen, sie sollte auch beeindrucken.
Das gilt ebenso für Huldigungsmusiken, die zum Einzug hoher Herr- schaften von lokalen Musikern geschrieben und aufgeführt wurden. Siege wurden mit Festmusiken gefeiert, gefallene Helden unter den Klängen von Trauermusiken begraben. Allerdings wurden in Kriegszeiten die Musiker rar, und den Höfen ging das Geld aus, die Künstler zu entlohnen. Auch davon berichtet beispielsweise die Biographie von Heinrich Schütz.
Arno Paduch ist mit dem vortrefflichen Johann Rosenmüller Ensemble auf die Suche nach den Spuren gegangen, die der Dreißigjährige Krieg in der Musik hinterlassen hat. So erklingen Huldigungsgesänge des Mühlhäuser Kantors Nikolaus Weisbeck oder des Breslauer Musikers Paul Schäffer, geschaffen 1602 bzw. 1621 jeweils zur Begrüßung des sächsischen Kurfürsten Johann Georg. Natürlich dürfen auch die berühmten Werke von Heinrich Schütz in diesem Umfeld nicht fehlen.
Zur Feier des Sieges der kaiserlichen Truppen in der Schlacht am Weißen Berg schrieb Johann Sixt von Lerchenfels Te Deum und Da pacem. Den Sieg der schwedischen und kursächsischen Armeen in der Schlacht bei Leipzig wiederum schilderte der Leipziger Student Marcus Dietrich Brandisius in dem handfest-ausdrucksstarken Fortes heroes pugnabant.
Gleich darauf freilich folgt die Trauermotette, die der schwedische Hoforganist Andreas Düben für die Beisetzung seines Königs Gustav Adolf komponiert hat. Er wurde im November 1632 in der Schlacht bei Lützen getötet. Und auch Musiker starben in den Auseinandersetzungen. So wurde Christoph Harant von Polschitz und Weseritz, auf dieser CD ver- treten mit der Motette Qui confidunt in Domino, mit anderen Gefolgs- leuten des Gegenkönigs Friedrich V. 1621 in Prag hingerichtet.
Wie groß die Verzweiflung bei den Bürgern war, die dem Kriegsgeschehen ausgeliefert waren, zeigen zwei berührende Klagelieder. Der Eilenburger Organist Johann Hildebrand notierte ebenso schlicht wie ergreifend Ach Gott! Wir haben's nicht gewusst, was Krieg für eine Plage ist. Und noch Jahre nach Kriegsende schrieb Matthias Weckmann sein bewegendes geistliches Konzert Wie liegt die Stadt so wüste. Diese Musiken lassen uns noch heute nachvollziehen, welche Katastrophe der Dreißigjährige Krieg für die Betroffenen war. Mit der vorliegenden Aufnahme erinnert das Johann Rosenmüller Ensemble nachdrücklich auch daran.
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