Die vier Klarinettenkonzerte von Louis Spohr (1784 bis 1859) hat Paul Meyer gemeinsam mit dem Orchestre de Chambre de Lausanne eingespielt. Man fragt sich, warum man diese wunder- volle Musik noch nie gehört hat - weder im Konzertsaal, noch vollständig auf CD. Sabine Meyer hat, wenn ich mich recht erinnere, zwei davon eingespielt - andere Aufnahmen sind mir jedenfalls nicht bekannt.
Auch die anderen Werke Spohrs haben im Musikleben heutzutage kaum eine Bedeutung. Dabei galt der Kasseler Hofkapellmeister nach Mendelssohns und Beethovens Tod unangefochten als der führende deutsche Komponist, und zudem teilte er sich mit Paganini in den Ruhm des größten Violinvirtuosen seiner Zeit.
Spohrs Klarinettenkonzerte erweisen sich als überaus gelungene Kompositionen, die an Mozarts einziges Konzert anknüpfen. Sie sind ausgesprochen feinsinnig, und bis in die Orchesterbegleitung hinein mit Sorgfalt ausgearbeitet. Meyer begeistert mit seinem traumhaft schönen Ton und der Noblesse seiner Interpretation. Er spielt großartig, und wer ihn spielen hört, der denkt keine Sekunde daran, dass der Solopart sämtlicher Spohr-Konzerte als überaus schwierig gilt. Noch heute gehören seine Werke zu den technisch anspruchs- vollsten der Konzertliteratur.
Das liegt daran, dass Spohr sie für einen Klarinettisten komponierte, der selbst ein Ausnahmevirtuose war: Johann Simon Hermstedt (1778 bis 1846) stammte aus dem thüringischen Langensalza, und war zunächst Premier-Hautboist und schließlich Hofkapellmeister in Sondershausen. Mit Spohr war er befreundet; die beiden Musiker hatten einander kennengelernt, als Spohr Konzertmeister im nahe- gelegenen Gotha war. Das erste Klarinettenkonzert bestellte 1808 Hermstedts Dienstherr, Günther Friedrich Karl I. von Schwarzburg-Sondershausen, der das Instrument auch selbst spielte - allerdings auf Liebhaber-Niveau.
Spohrs Werk freilich war selbst für den Profi unspielbar. Hermstedt aber veränderte lieber seine Klarinette, als Änderungen einzufordern. Diese Anstrengungen zahlten sich aus, denn im Winterhalbjahr ging der Virtuose regelmäßig auf Konzertreisen. Die Kritik stand Kopf; selbst im musikbesessenen Dresden schwärmte die Zeitung: "In solcher Vollkommenheit hörten wir dieses Instrument noch nicht." Wer Meyer zuhört, der möchte die Musikalität dieses Klarinettisten und seine extrem gute Technik mit ähnlichen Superlativen bedenken. Das Kammerorchester sekundiert einmal mehr ganz phantastisch. Bravi!
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