Daniel Röhn enstammt einer Musikerdynastie: Sein Großvater Erich Röhn war Konzertmeister bei den Berliner Philharmonikern, sein Vater Andreas Röhn musizierte als Konzertmeister im Symphonie- orchester des Bayerischen Rund- funks, seine Mutter ist Pianistin, und seine Schwester Anja ist ebenfalls eine erfolgreiche Geigerin.
Schon mit 14 Jahren begann er sein Studium an der Münchner Musik- hochschule. Gelernt hat er freilich auch anderswo: „Einer meiner besten Lehrer war der Plattenschrank meiner Eltern“, merkt der junge Geiger an: „Das meiste habe ich mir bei den Kreislers und Heifetzes einfach abgelauscht.“ Röhn klingt tatsächlich ein wenig wie die alten Meister; allerdings hat er ihr Spiel nicht einfach kopiert, sondern einen eindrucksvollen, ganz eigenen Ton entwickelt. Dieser ist überraschend warm und beredt, aber nicht ganz so breit und so gestisch wie beispielsweise der Kreislers.
Von dem berühmten Kollegen hat Daniel Röhn auch in Sachen Marketing offenbar einiges gelernt. Denn Fritz Kreisler hat erstaunlich viele kurze Stücke geschrieben – und sie auch gleich selbst für die Schallplatte eingespielt, die in ihren frühen Jahren bekanntlich nur wenige Minuten Laufzeit hatte. Röhn gelingt es, mit diesen Miniaturen ein Publikum zu begeistern, das sonst sicherlich eher nicht ins Konzert geht. In das Programm hat er allerdings auch einige Werke anderer Komponisten mit „hineingeschmuggelt“, wie zwei Capricen und ein Moto Perpetuo von Paganini, Tartinis berühmte Teufelstriller-Sonate, zwei Capricen von Wieniawski oder eine Partita von Bach – in den virtuosen Bearbeitungen von Fritz Kreisler, selbstverständlich.
Im Originalklang-Zeitalter ist das ziemlich mutig; normalerweise präsentieren sich Geiger heutzutage mit einem Repertoire, das in erster Linie aus drei Dutzend mehr oder minder bekannter Konzerte besteht, beginnend bei Bach und Vivaldi, und endend allerspätestens bei Schostakowitsch. Wenn Kammermusik gespielt wird, dann Sonaten; was nach Salonmusik klingt, das hat seinen Platz im Konzertsaal, maximal, unter den Zugaben.
Röhn setzt sich über diese Konventionen hinweg. Zwar hat auch er bereits Violinkonzerte von Mendelssohn, Berg und Sibelius eingespielt. Doch dann widmete er ein weiteres Album virtuosen Piècen, beispielsweise der Carmen-Suite von Waxman. Und nun folgt dieses Kreisler-Programm, das Virtuosität und Ausdruck elegant kombiniert. Mit dem Pianisten Paul Rivinius hat Daniel Röhn dabei den perfekten Partner an seiner Seite.
„Wenn ich Kreisler höre, habe ich manchmal das Gefühl, direkt von ihm angesprochen zu werden“, schreibt der Geiger. „Musiker sollen erzählen, predigen, manchmal vielleicht nur ein einziges Wort. Leichter gesagt als getan, Kreisler konnte es. Er holte mit dem Bogen schöne Worte aus der Geige. Auf eine Weise, die ihn von allen anderen Geigern unterschied, auch von jenen, die ihm technisch eigentlich überlegen waren.“
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