Auch die Klaviersonaten und Sonatinen von Ferdinand Ries - zu seiner Biographie sei auf die vor- ausgehenden Posts verwiesen - veröffentlicht das Label Naxos derzeit. Sie werden von der amerikanischen Pianistin Susan Kagan eingespielt, einer ausgewie- senen Spezialistin für die Musik der Beethoven-Ära. So hat sie über Erzherzog Rudolf von Österreich promoviert - den einzigen Kompo- sitionsschüler, den Beethoven jemals hatte. Er entschied sich für die geistliche Laufbahn, wurde Erzbischof von Olmütz und Kardinal, und war ein wichtiger Mäzen Beethovens.
Als Ries begann, Klaviersonaten zu komponieren, war die Gattung im Umbruch begriffen. Zwar gab es Vorbilder, wie Carl Philipp Emanuel Bach, Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart. Doch ihre Strahlkraft verblasste vor den Werken von Beethoven, Clementi und Hummel, die die Sonate weiterentwickelten. Ries war mit den For- men, die damals entstanden, bestens vertraut.
Seine auf den "Titanen" Beethoven fixierten Zeitgenossen erkannten den Wert seines Werkes nicht. Zwar war Ries ein gefeierter Klavier- virtuose, und solange er selbst im Konzert präsent blieb, waren seine Werke populär. Doch nach seinem Rückzug aus dem Konzertleben wurde er bald als Beethoven-Nachahmer abgetan, und geriet erstaun- lich schnell in Vergessenheit. Unberechtigterweise, wie diese CD beweist: Auch wenn Ries einst Beethovens Sekretär und Klavier- schüler war, ist er musikalisch durchaus eigenständig.
Er nimmt in vielen Details seiner Klavierwerke vorweg, was die Früh- romantik schließlich zur Blüte bringen sollte. Da finden sich Schubert- sche Harmonien, Chopinsche Figurationen und Mendelssohnsche Melodien - doch all das zu einem Zeitpunkt, da diese Komponisten noch in den Windeln lagen. Susan Kagan macht deutlich, dass hier ein Werk voll kühner Ideen und unerwarteter Wendungen zu entdecken ist. Der Zuhörer folgt ihr gern, auch wenn ihr Zugriff mitunter ziemlich kantig erscheint, und sich für die lyrischen Elemente offenbar weniger interessiert.
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