Musikalische Nachlese zum Strauss-Jahr 2014: „Eigentlich sind mir die Lieder das Liebste von allem, was ich geschrieben habe“, so sprach Richard Strauss (1864 bis 1949) einst zu Hans Hotter. Der große Sänger war 1944 zu dem Komponisten gereist, um gemeinsam mit ihm das Programm für einen Festliederabend zu Strauss' 80. Geburtstag im Wiener Musik- verein vorzubereiten.
Lieder hat Strauss immer geschrieben – angefangen vom Weihnachtslied des Sechsjährigen, unter das seine Mutter den Text schreiben musste, weil das Kind es noch nicht konnte, bis hin zu den Vier letzten Liedern aus dem Sterbejahr 1949.
Timothy Sharp, begeisterter Teilnehmer an etlichen Meisterkursen von Hans Hotter, hat eine ganz besondere Beziehung zu Strauss' Liedwerk. Der Bariton hat gemeinsam mit seinem Klavierbegleiter Jan Roelof Wolthuis ein Programm daraus zusammengestellt, das die verschiedenen Stationen im Leben eines Mannes nachvollzieht – er verliebt sich, wirbt und wird erhört; er heiratet, wird Vater, dann Witwer, und denkt schließlich an den Tod.
Die Liedfolge ist, ebenso wie der detailreich ausgearbeitete Text im Beiheft, klug erdacht – allerdings gefällt mir die Umsetzung durch den Sänger nicht. Sharp zitiert Hotter, der wiederum berichtet, Strauss habe gesagt, „man müsse seine Mittel wohl dosieren, da seine Lieder sonst leicht Gefahr laufen, kitschig zu werden.“ Man möge also Sensibilität walten lassen und „seine Lieder wie Schubert-Lieder singen“.
Davon ist hier leider wenig zu spüren: Sharp verwechselt Lautstärke mit Intensität; es mangelt an gestalterischer Delikatesse, und wenn der Text nicht zu verstehen ist, dann ist Liedgesang ohnehin wie der Versuch, ein Haus zu bauen ohne Fundament. Schade drum.
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