Rainer Johannes Homburg hat mit „seinen“ Stuttgarter Hymnus-Chor- knaben die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach eingespielt. Dabei entschied sich der erfahrene Kirchenmusiker für die vierte und letzte Version, aus dem Jahre 1749. In dieser verwarf Bach etliche Glättungen und kehrte „zur 25 Jahre alten Urfassung zurück“, so Hom- burg: „Nur die Instrumentation ist nun reicher, insbesondere die Continuo-Gruppe erweitert bis zum Kontrafagott. Diese Fassung ist hier aufgenommen.“
Neben namhaften Solisten – besonders beeindrucken hier Veronika Winter mit ihrem schlanken, klangschönen Sopran und Andreas Post, Tenor, der sowohl die Arien als auch die Partie des Evangelisten klug gestaltet – wirkte an der Aufnahme, die im Mai 2016 aufgezeichnet worden ist, auch die Handel's Company mit. Dieses Instrumentalensemble hat Homburg 1999 mit gegründet, um „Alte“ Musik stilecht aufführen zu können. Es musiziert auf historisch jeweils passenden Instrumenten und orientiert sich an der jeweiligen Aufführungspraxis – verzichtet aber auf den klanglichen Purismus, den „Originalklang“-Ensembles mitunter gern pflegen.
Im Vordergrund steht hier der Ausdruck von Affekten. „Historische Instrumente? So selbstverständliche Voraussetzung interpretatorischen Denkens, dass sie allein schon lange keine Antwort mehr sind“, meint Homburg in seinem Geleitwort zu dieser CD: „Was man mit ihnen macht, entscheidet.“ Bei dieser Aufnahme stellt er die Expressivität von Bachs Musik in den Mittelpunkt der Interpretation, und die jungen Chorsänger folgen ihm dabei mit Begeisterung und Können. Selbst schwierigste Koloraturen singen die Hymnus-Chorknaben erfreulich sicher und blitzsauber. So bleiben musikalische Strukturen auch in den großen Chören stets klar erkennbar. Und die Instrumentalisten sorgen dafür, dass auch Bachs klangliche Finessen gebührend zur Geltung kommen. Eine derart farbenreiche Continuo-Gruppe beispielsweise dürfte selbst den Thomas- kantor entzückt haben. Faszinierend!
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