Und da wir gerade bei Georg Philipp Telemann waren, dessen Todestag sich in diesem Jahre zum 250. Male jährt, sei an dieser Stelle noch auf eine weitere Entdeckung verwiesen: Seine Oper Miriways nach einem Libretto von Johann Samuel Müller, uraufgeführt 1728 in Hamburg, ist bei dem Label cpo erschienen.
Das Sujet war seinerzeit hochaktuell – der Stammesfürst Mir Wais Khãn Hõtak-Ghãlzai führte nach 1700 die Befreiung der afghanischen Provinz Kandahar aus persischer Vorherrschaft an. 1722 eroberten die Afghanen Isfahan, und zwangen den persischen Schah zum Rücktritt.
Es ist erstaunlich, dass diese Oper jahrhundertelang im Archiv schlum- merte. Erst 1992 gab es in Magdeburg eine erste konzertante Aufführung, und 2012 schließlich wieder eine szenische Produktion am Theater Magdeburg, die zu den Telemann-Festtagen sowie beim Brucknerfest in Linz das Publikum begeisterte.
Die Handlung der Oper spielt in Isfahan, wo Miriways dem jungen Sophi, Sohn des abgesetzten Schahs, die persische Krone anbietet – unter der Bedingung, dass er eine von Miriways ausgewählte Braut zur Ehefrau nimmt. Darüber ist Sophi gar nicht glücklich, denn er ist bereits ander- weitig verliebt. Nach einigen Irrungen und Wirrungen wird aber festge- stellt, dass es sich bei der von ihm verehrten Bemira um jene verschollene Tochter Miriways' handelt, die er heiraten soll – was er nun mit Freuden tut. Zu dieser Haupthandlung gibt es dann noch eine Nebenhandlung um ein zweites Paar, das sich nach einigen Turbulenzen ebenfalls findet.
Viel interessanter aber als diese Story ist Telemanns Musik, die sich durch jede Menge orientalisches Kolorit auszeichnet. Die österreichische Dirigentin Michi Gaigg macht insbesondere die Orchesterzwischenspiele zu einem Ereignis. Sie werden durch das 1996 von ihr gegründete L'Orfeo Barockorchester lustvoll zelebriert – und es ist auch für das Publikum sehr vergnüglich, wenn die Instrumente „nach Persischer Gewohnheit sich hören lassen“.
Wer sich die Formen aber näher anschaut, wird überrascht feststellen, dass Miriways ansonsten relativ strikt dem Muster der opera seria folgt. Kaum eine andere (überlieferte) Oper Telemanns orientiert sich, stilistisch betrachtet, derart konsequent am italienischen Vorbild. All seine Figuren hat der Komponist gleichermaßen liebevoll musikalisch charakterisiert und mit technisch anspruchsvollen Arien ausgestattet.
Dem trägt auch diese Einspielung Rechnung. Aus dem exzellenten Solistenensemble seien an dieser Stelle Ulrike Hofbauer herausgehoben, die mit ihrem schlanken Sopran einen nuancenreichen Sophi gestaltet, und Markus Volpert, der mit seinem klangvollen Bariton den Miriways hinreißend singt. Die Sänger sind aber durchweg sehr gut; die Aufnahme verheißt mehr als zwei Stunden musikalischen Genuss und ist wirklich sehr zu empfehlen.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen