Fünf breit angelegte und groß besetzte Psalmvertonungen schuf Felix Mendelssohns Bartholdy (1809 bis 1847). Drei davon sind auf dieser CD zu hören, vorgetragen vom Chor des Bayerischen Rundfunks und dem Münchner Rundfunkorchester unter Leitung von Howard Arman. Es handelt sich dabei um einen Live-Mitschnitt vom Dezember 2016 aus dem Münchner Prinzregententhea- ter. Solisten des Abends waren Julia Winkel, Sopran, Hanne Weber, Alt, Julian Prégardien, Tenor und Krešimir Stražanac, Bassbariton.
Howard Arman verzichtet auf allzu üppige Emotionswogen. Er setzt mit dem zu Recht hochgelobten Ensemble in erster Linie auf Ausdruck, und dann erst auf Schönklang, und wird damit dem Anliegen des Komponisten ganz sicher gerecht. Denn hinter dem Schaffen Felix Mendelssohn Bartholdys sind die musikalischen Traditionen immer präsent. Das macht Arman auch deutlich.
Non nobis Domine für Soli, Chor und Orchester op. 31 basiert auf Versen aus dem 115. Psalm. Es wird vermutet, dass Mendelssohn an diesem Werk während seines ersten Englandaufenthalts 1829 arbeitete; bei dieser Gelegenheit studierte er in London Handschriften Händels, was ihn hörbar inspiriert hat.
Die Vertonung des 42. Psalms, Wie der Hirsch schreit op. 42, ein umfang- reiches, kantatenartiges Werk für Sopran, Chor und Orchester, schrieb Mendelssohn 1837 auf seiner Hochzeitsreise. Sie gehört bis heute zu den bekanntesten Chorwerken des Komponisten.
In seiner Position als Generalmusikdirektor des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. – der die Kirchenmusik reformieren wollte und dabei die Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts als Ideal betrachtete – schuf Mendelssohn Singet dem Herrn ein neues Lied op. 91, eine Vertonung des 98. Psalms. Sie wurde 1844 am Neujahrstage durch den neu zusammengestellten Berliner Domchor aufgeführt, und erinnert zunächst an historische Vorbilder: Ein achtstimmiger A-cappella-Gesang, doppelchörig, den Text deklamierend wie weiland Heinrich Schütz. Allerdings wagte es Mendelssohn dann, den Herrn auch tatsächlich mit Harfen, Trompeten und Posaunen zu loben – was bei der Geistlichkeit damals wohl wenig Begeisterung auslöste. Bei allen nachfolgenden Werken für den Domchor jedenfalls ließ der Komponist die Sänger ohne Instrumentalisten antreten.
Wie sehr Felix Mendelssohn Bartholdy die deutsche Chortradition geprägt hat, demonstriert noch ein anderes Werk auf dieser CD: Verleih uns Frieden gnädiglich, ein kurzes Gebet nach Worten Martin Luthers für Chor und Orchester, gehört zu einer Folge von acht Choralkantaten, die Zeugnis geben von der intensiven Beschäftigung des jungen Musikers mit dem Werk Bachs.
In der Familie Mendelssohns war die Erinnerung an den großen Meister stets präsent. So war seine Großtante Sara Levy eine Schülerin Carl Philipp Emanuel Bachs, und seine Großmutter Bella Salomon eine Schülerin Kirn- bergers. 1823 hatte sie ihrem Enkel eine Abschrift der Matthäuspassion geschenkt; 1829 leitete Mendelssohn die erste Aufführung dieses Werkes nach dem Tode Bachs – mit der Sing-Akademie zu Berlin, und gegen alle Bedenken ihres Gründers und seines Lehrers Carl Friedrich Zelter. Doch das ist eine andere Geschichte.
Diese CD endet mit Hear my Prayer, einem Wechselgesang zwischen Sopran und Chor nach dem 55. Psalm, den Felix Mendelssohn Bartholdy für eine Aufführung in London geschaffen hat. Das Werk wurde zunächst durch eine Orgel begleitet; hier ist allerdings die Orchesterfassung zu hören, die der Komponist 1847 anfertigte.
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