Hofkomponist Johann Gottlieb Janitsch lud ab 1736 zu "Freitags- akademien" ein, bei denen sich die Berliner Gesellschaft zum gemein- samen Musizieren traf. Diese bürgerliche Tradition nimmt das Berner Ensemble "Die Freitagsaka- demie" auf, das sich seit 1993 in verschiedenen Besetzungen der Musik des 17. und 18. Jahrhun- derts widmet. Seit acht Jahren veranstalten die Musiker um Oboistin Katharina Suske und Cellist Bernhard Maurer zudem fünf "Freitagskonzerte" pro Saison im Kunstmuseum Bern.
Mit dieser CD begeben sich acht exzellente Solisten sowie die Sopra- nistin Susanne Rydén auf eine musikalische Reise nach Italien zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Damals ließ sich Georg Friedrich Händel, gerade 21 Jahre jung, endlich überzeugen, jenes Land zu besuchen, dem damals die Sehnsucht aller Künstler und Kunstbegeis- terten galt. Händel blieb mehr als drei Jahre dort, lernte Land und Leute kennen, und arbeitete mit den besten Musikern seiner Zeit zusammen. Die Reise nach Italien prägte Händel nachhaltig; und das gilt nicht nur für seinen musikalischen Stil.
Dort aber sind die Einflüsse ganz offensichtlich. So entsprechen Händels Solokonzerte für Oboe - diese CD beginnt mit Concerto Nr. 3 in g-Moll HWV 287 - nicht nur formal dem Vorbild der Kirchen- sonaten von Arcangelo Corelli; bis hinein in Klangfarben und Melodik folgt er dem Muster, das er in Rom kennengelernt hat. Der Oboe blieb der Komponist sehr zugetan. Davon zeugt unter anderem die Kantate "Delirio amoroso", wo sie einen außerordentlich delikaten Part übernimmt. Das Werk ist eine Klage einer gewissen Chloris um einen toten Thyris, dem sie offensichtlich sehr zugetan ist - der ihre Zuneigung jedoch schon zu Lebzeiten nicht erwiderte, und sich nun auch in der Hölle, wohin sie zu seiner Rettung geeilt ist, von ihr abwendet.
Eine typische italienische Kantate - der Inhalt ist nicht wirklich von Belang, aber die Form ist phantastisch. Susanne Rydén hat hörbar Vergnügen an diesem Kabinettstückchen, das weniger versierte Sänger wohl an den Rand der Aspyxie treiben kann. Auch eine zweite Kantate Händels, "Mi palpita il cor", singt die Schwedin bravourös. Die CD schließt mit der Sonate Nr. 6 in A-Dur für Violine und Basso continuo op. 5 von Corelli. Als absolute Überraschung aber erweist sich die Toccata in d-Moll für Cembalo "d'ottava stesa" von Alessandro Scarlatti. Dieses Werk ist nicht nur hochkomplex; es bricht über den Zuhörer herein mit der Wucht eines Tornados, und wirbelt mit seinen energischen Läufen, gewagten Modulationen und Affektwechseln jedes Barockmusik-Stereotyp davon. Brillant! besten Dank an Jörg-Andreas Bötticher am Cembalo.
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