Darf man Bachs Clavir-Übung auf einem modernen Konzertflügel spielen? Ist der Steinway das ge- eignete Instrument für das legen- däre Opus 1 des großen Komponi- sten? Puristen der historischen Aufführungspraxis werden sich sicherlich schon beim Gedanken daran mit Grausen wenden.
Allein die beiden CD überzeugen durch Musik. Erstaunt stellt man fest: Wenn man die sechs Partiten so spielt wie der Dirigent und Pianist Wladimir Aschkenasi, dann ist das sogar ein Gewinn. Diese Interpretation ist großartig, denn sie verwendet den Konzertflügel als Medium, um der Poesie und der Struktur von Bachs Werken Ausdruck zu geben - und nicht, um vorzuführen, wie Bach klingt, wenn man die dynamischen und spieltechnischen Möglichkeiten des Instrumentes ausreizt. Aschkenasi spielt ungemein diszipliniert und zurückhaltend, mit extrem sauberer und sorgsamer Artikulation, und stets bis ins kleinste Detail durchhörbar. Dennoch wirkt sein Spiel immer feder- leicht und tänzerisch; Bach hätte diese klug differenzierende Auf- nahme mit Sicherheit gefallen.
Bei seiner letzten CD Music for two pianos, bei der Wladimir Aschke- nasi gemeinsam mit seinem ebenfalls als Pianist auftretenden Sohn Wowka Werke von Debussy und Ravel eingespielt hat, habe ich mich gefragt, warum man sich die Klavierversion von Werken anhören soll, die zumeist auch in exzellent orchestrierten Varianten erhältlich sind. Eine Antwort habe ich seinerzeit nicht gefunden. Die vorliegen- de Aufnahme von Bachs Partiten hingegen ist derart exzellent und ringsum gelungen, dass man sie gern weiterempfiehlt. Bravo!
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