Fritz Kreisler (1875 bis 1962) ge- hört ohne Zweifel zu den bedeu- tendsten Violinvirtuosen seiner Generation. Er stammte aus Wien, und erhielt von seinem Vater, einem Arzt, ab dem vierten Lebensjahr den ersten Geigen- unterricht. Ab 1882 lernte er am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien; Josef Hellmesberger junior und Anton Bruckner zählten dort zu seinen Lehrern.
Drei Jahre später wechselte er an das Pariser Konservatorium, wo er unter anderem Violine bei Lam- bert Joseph Massart und Komposition bei Léo Delibes und Jules Massenet studierte, und 1887 mit dem Premier Prix ausgezeichnet wurde. 1888/89 ging er gemeinsam mit dem Pianisten Moriz Rosen- thal auf seine erste Tournee durch die USA. Wer nachrechnet, wird feststellen, dass Kreisler da 13 bzw. 14 Jahre alt war.
Der Violinvirtuose verbrachte viele Jahre seines Lebens auf Konzert- reisen. 1938 wurde Kreisler französischer Staatsbürger; 1939 ging er in die USA, und nach Europa kehrte er bis an sein Lebensende nicht zurück. In den Jahren 1904 bis 1946 spielte Kreisler mehrere hundert Schallplatten ein. Diese Aufnahmen erscheinen nunmehr bei Naxos - und auf CD 3, die Einspielungen aus den Jahren 1914 bis 1916 zusam- menfasst, ist der Geiger sogar am Klavier zu hören.
Obwohl heute kein Mensch mehr so spielt, kann man sich der Faszi- nation dieser historischen Aufnahmen nicht entziehen. Kreisler hat einen ganz eigenen Ton, warm und sehr ausdrucksstark. Man hört seine Versionen von Gott erhalte Franz den Kaiser, oder auch das Bach-Doppelkonzert, das er gemeinsam mit Efrem Zimbalist einge- spielt hat, und versteht, warum das Publikum einst so begeistert war. Dass lang nicht jeder Ton sauber klingt, dass so mancher Lagenwech- sel knapp daneben landet - all das spielt keine Rolle. Kreisler macht das mühelos durch Ausstrahlung wett. Schade, dass er 1941 nach einem Unfall das Musizieren weitgehend aufgegeben hat. Es wäre interessant gewesen, zu erleben, wie er seinen doch sehr persönlichen Stil den Veränderungen angepasst hätte, die sich am Musikmarkt nicht zuletzt durch die Weiterentwicklung der Aufzeichnungstechnik ergeben haben.
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