Die Oboe kam aus Frankreich, wo beispielsweise täglich während der Parade die Grande Écurie, eine Kapelle aus 24 Instrumentalisten, vom Pferd herab musizierte. Und was dem Sonnenkönig gefiel, das wollten auch alle anderen euro- päischen Höfe haben. So kam es, dass Hautboistenbanden binnen kurzen allerorten, und nicht nur im Felde, sondern auch bei Hofe, ja sogar in der Oper aufspielten.
Philipp Krieger (1649 bis 1725) beispielsweise, ab 1680 Kapell- meister in Weißenfels, unterstanden nicht nur die Regimentshaut- boisten. Ab 1695 existierte an dem mitteldeutschen Hof auch eine Oboenkapelle für die Kammer- und Theatermusik. Die Werke, die der Komponist für diese Ensembles schuf, sind leider verschollen - mit Ausnahme von drei Suiten aus der Lustigen Feld-Musik, die er 1704 dem Kauffmännischen Collegium Musicum seiner Vaterstadt Nürn- berg widmete.
Marianne Richert Pfau hat diese Werke nun mit ihrem Ensemble Toutes Suites bei Genuin eingespielt. Die Barockoboistin musiziert gemeinsam mit Julia Belitz und Nils Jönsson, Oboe, Regina Sanders, Barockfagott, Achim Weigel, Violone und Anke Dennert, Cembalo.
Die drei Partien aus Kriegers Feld-Musik beginnen jeweils mit einer ausladenden Ouverture, gefolgt von musikalischen Miniaturen, die Szenen schildern, die man noch heute unschwer nachvollziehen kann. Sie verleugnen ihre Herkunft aus dem Felde nicht; neben grazilen Tänzen erklingen gelegentlich durchaus auch ruppigere Sätze. Die Musiker zelebrieren diese beredten Klänge mit Leidenschaft; und man wundert sich, wieviel Abwechslung ein solches Mini-Ensemble bieten kann.
Johann Christian Schieferdecker (1679 bis 1732) schrieb seine Musi- calischen Concerte für das Theater, wo sie als Opernvorspiel oder Zwischenaktmusik erklangen. Der Komponist folgte 1702 seinem Freund Reinhard Keiser nach Hamburg, wo er als Cembalist der Oper am Gänsemarkt wirkte. 1707 wurde er in Lübeck der Nachfolger Dieterich Buxtehudes. Diese CD stellt eine Auswahl konzertanter Suiten vor, die 1713 in Hamburg erschienen sind, und in der Beset- zung das französische Vorbild imitieren - aber in ihren zahlreichen Solopassagen, ihrer kunstvollen melodischen Gestaltung und ihrer Eleganz mitunter eher an ein Concerto grosso erinnern. Hier zeigt sich auch die Klasse der ausführenden Bläser, denn diese Musik dürfte technisch ziemlich anspruchsvoll sein.
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