"Die frühen Werke eines Kompo- nisten sind besonders interessant", meint Professor Dr. Wolfgang Horn, Inhaber des Lehrstuhls für Musikwissenschaft an der Uni- versität Regensburg. "Oft zeigen sie eine große Kraft und Kühnheit, zuweilen aber auch mangelnde Übung und Erfahrung. Gerade dies aber verrät, welchen Idealen ein Komponist zustrebt."
Der Zelenka-Experte hat zwei der drei Kantaten auf dieser CD rekon- struiert und für Aufführungen wieder zugänglich gemacht. Dr. Reinhold Kubik, Wien, edierte Immisit Dominus pestilentiam ZWV 58, das dritte Werk, das hier zu hören ist. Jan Dismas Zelenka (1679 bis 1745) schrieb sie für das Sepulcrum Sacrum; sie waren also Bestandteil der Osterliturgie am Collegium Clementinum, und wurden bei den Altstädter Jesuiten in Prag als Bestandteil der Meditation am Gottesgrab aufgeführt.
Immisit Dominus pestilentiam komponierte Zelenka im Jahre 1709. Attendite et videte ZWV 59 entstand 1712, da war der Musiker bereits in Dresden angestellt, und Deus dux fortissime ZWV 60 schrieb er 1716, da weilte er zu einem Studienaufenthalt beim Kaiserlichen Kapellmeister Johann Joseph Fux in Wien. Alle drei Werke, berichtet Horn in dem sehr informativen Beiheft der CD, sind in Dresden als autographe Partituren überliefert, die aber schlecht erhalten seien. Insbesondere Attendite et videte sei nur deshalb zu rekonstruieren gewesen, weil der Komponist bei dieser Kantate auf seine Missa Sanctae Caeciliae ZWV 1 zurückgegriffen hat, und so vorhandene Musik per Parodieverfahren in ein "neues" Stück verwandelt hat. Dieses "Musik-Recycling" war damals üblich; Händel beispielsweise hat seine schönsten Melodien mehrfach in seinen Opern eingesetzt, und auch Bach ließ Tönet ihr Pauken auch als Jauchzet, frohlocket singen.
Bei Supraphon sind Zelenkas Kantaten nun in der Reihe Music from eighteenth-century Prague erschienen. Die Musikaliensammlung der Salvatorkirche im Prager Clementinum ist nicht erhalten geblieben, so dass diese Werke zu den wenigen Dokumenten gehören, die uns heute einen Rückschluss auf die Kirchenmusik ermöglichen, die im größten und ältesten Jesuitenkolleg Böhmens zu dieser Zeit erklungen ist.
Das Collegium Marianum hat die Weltersteinspielung der drei Sepol- kra übernommen. Das Ensemble, das auf zeitgenössischen Instru- menten musiziert und von der Flötistin Jana Semerádová geleitet wird, konnte für dieses Projekt ein Doppelquartett von herausragen- den Sängern gewinnen. Hana Blazíková und Barbora Sojková, Sopran, David Erler und Daniela Cermáková, Alt, Tobias Hunger und Tomás Lajtkep, Tenor sowie Tomás Král und Jaromír Nosek, Bass, singen ausdrucksstark; Solisten wie Ripienisten sind exzellent, und die Auf- nahme ist vom ersten bis zum letzten Ton eine Freude.
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