In Vorbereitung auf den 75. Ge- burtstag, den Ludwig Güttler im Juni feiert, hat Berlin Classics nun eine Vier-CD-Box veröffentlicht. Sie fasst noch einmal Werke zusammen, die dem berühmten Trompeter besonders wichtig sind. Das liegt nicht allein an ihrer musikalischen Qualität. Ebenso bedeutsam findet Güttler einen ganz anderen Aspekt der Musik: Sie führt Europa zusammen – und das schon seit Jahrhunderten.
Unbeeindruckt von politischen Ent- wicklungen, reisten Musiker durch die Lande. Sie lernten voneinander, sie korrespondierten miteinander, und sie tauschten ihre Werke aus. So spielte das Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart unter anderem in Italien, in Paris und in London. „Reisen bereichern Persönlichkeit und Personalstil und wirken so auf die Arbeit des Komponisten an jedem Ort weiter“, unterstreicht Ludwig Güttler. Doch ein Musiker musste nicht unbedingt den mühsamen Weg über die Alpen antreten, um von seinen italienischen Kollegen zu lernen.
Als Beispiel führt Güttler Johann Sebastian Bach an, der sich bekanntlich längere Zeit in Norddeutschland aufhielt – aber Vivaldis Konzerte mit Hilfe von Partituren erkundete, die sein Weimarer Dienstherr aus Italien mitgebracht hatte. Auch Georg Philipp Telemann war mit der italienischen Musik bestens vertraut, ohne jemals in Italien gewesen zu sein. Seine weiteste Reise führte nach Paris; seine erste Anstellung hatte er in Polen. All diese Eindrücke und Einflüsse spiegeln sich in seinen Werken.
Gefördert wurde dieser Austausch durch den Adel Europas. In dem Bestreben, dem jeweiligen Hof Glanz zu verleihen und damit das eigene Renommée zu stärken, wetteiferten die Herrscher darum, die besten Musiker zu engagieren. Talente aus dem eigenen Land schickten sie zur Ausbildung bei berühmten Kollegen. So kam der Dresdner Geiger Johann Georg Pisendel zu Antonio Vivaldi nach Venedig, und der Kontrabassist Jan Dismas Zelenka nach Wien, wo er Kontrapunkt und Komposition bei Johann Joseph Fux studierte.
Musikalisch war Europa schon früh vereint – diese Botschaft vermittelt der Trompeter Ludwig Güttler mit einer Auswahl an Einspielungen, die viele Facetten des kulturellen Austausches hörbar werden lässt. Dabei reicht diese Edition von Bach und dessen Zeitgenossen Vivaldi, Telemann, Pisendel, Zelenka, Neruda und Hasse über Haydn und Mozart bis hin zu Antonín Dvořák, der freilich bis nach Amerika reiste. Aber das ist eigentlich schon wieder ein anderes Kapitel europäischer Geschichte.
Mittwoch, 11. April 2018
Ludwig Güttler - Edition Europa (Berlin Classics)
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