Zwischen all die weihnachtlichen Pretiosen will ich an dieser Stelle eine CD einfügen, die im Jahreslauf eigentlich an eine ganz andere Stelle gehört – in die Woche vor dem Osterfest nämlich: Die Lamenta- tiones Jeremiae Prophetae ZWV 53 gehören zu den frühesten Kompo- sitionen von Jan Dismas Zelenka (1679 bis 1745). Ich fand diese Aufnahme so gelungen, dass ich die CD aber nicht bis ins Frühjahr liegen lassen wollte.
Entstanden sind diese Werke für Gottesdienste am Dresdner Hof während der Karwoche. Ihren Platz haben die Klagelieder des Propheten Jeremias in der Matutin am Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag; am Dresdener Hof wurden die Karmetten offensichtlich jeweils am Vor- abend gehalten.
Zelenka hat seine Vertonungen augenscheinlich nicht vollendet; die dritte Lesung wird daher auf dieser CD als gregorianischer Gesang vorgetragen. Die beiden ersten allerdings sind beeindruckend. Sie verbinden geistliche Kontemplation und emotionale Dramatik, Eindringlichkeit und Abwechs- lung. An den beiden ersten Tagen wechseln sich Alt, Tenor und Bass in den Soloparts ab, begleitet von Oboen, Streichern und Continuo. Am dritten Tage aber setzt der Komponist in der ersten Lamentatio zwei Flöten und zwei Violoncelli, in der zweiten Solovioline, Chalumeau und Fagott ein – und die Tonarten wechseln vom Moll ins Dur: Christus liegt bereits im Grabe, der entrückte Klang von Flöten und Chalumeau symbolisiert Klage und Tod. Die eigentlichen Verse werden als Rezitativ vorgetragen; kunst- voll gestaltet sind aber die Sätze, die den vorangehenden hebräischen Buchstaben ausrufen, sowie der abschließende Ruf Jerusalem convertere.
Jana Semerádová hat die Lamentationes mit ihrem Ensemble Collegium Marianum geradezu mustergültig eingespielt. Als Solisten zu hören sind Damien Guillon, Alt, Daniel Johannsen, Tenor, und Tomáš Král, Bass.
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